2016 reichten weniger Menschen in Deutschland eine Krankschreibung ein aufgrund psychischer Erkrankungen als noch im Vorjahr. Die einzelnen Krankheitsfälle dauerten jedoch länger an. Ursachen hierfür waren meist Depressionen, gefolgt von schweren Belastungen und Anpassungsstörungen sowie Burnout. Frauen waren öfter betroffen als Männer.
„Psychischen Erkrankungen kommt heute eine enorme gesellschaftliche Bedeutung zu: Trotzdem ist das Versorgungs- und Rehabilitationssystem in Deutschland noch nicht so aufgestellt, wie es für die Betroffenen notwendig wäre“, kommentiert Prof. Arno Deister aus Itzehoe, Präsident der Deutschen Gesellschaft für Psychiatrie und Psychotherapie, Psychosomatik und Nervenheilkunde (DGPPN). In der ambulanten Versorgung beispielsweise sieht der Chefarzt des Zentrums für Psychosoziale Medizin politischen Handlungsbedarf: Patienten müssen zu lange auf einen passenden Behandlungsplatz warten und die pauschale Vergütung für die ambulant tätigen Psychiater bietet kaum Zeit für therapeutische Gespräche.
Angesicht der aktuellen Lage des Versorgungs- und Rehabilitationssystems fordern die Fachärzte des DGPPN die Weiterentwicklung der psychiatrisch-psychotherapeutischen Versorgung. Die Zusammenarbeit aller Leistungserbringer solle in Zukunft stärker berücksichtigt werden. „Dabei gilt es, die Angebote je nach Behandlungsbedarf abgestuft und auf den individuellen Bedarf abzustimmen“, gibt der Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie zu bedenken. „Die Gesundheitspolitik ist gefordert, hier rasch die dringend notwendigen Weichen zu stellen. Mit Blick auf die kommende Bundestagswahl im Herbst haben die politischen Parteien gerade jetzt die Gelegenheit, Farbe zu bekennen und der psychischen Gesundheit in ihren Wahlprogrammen den Stellenwert beizumessen, den sie für die Menschen in Deutschland schon längst hat.“