Medikamente, Suchtmittel, Putzutensilien – Vergiftungen geschehen häufiger als viele Menschen denken. Umso wichtiger ist es, für den Notfall vorbereitet zu sein. Wie Sie im Vergiftungsfall richtig handeln, lesen Sie hier.
Gerade bei Kindern sind akute Vergiftungen (Intoxikation) keine Seltenheit: Herumliegende Medikamente, Putz- oder Pflanzenschutzmittel erwecken die Neugierde der kleinen Abenteurer und führen jährlich bei 30.000 Kindern zu einer Intoxikation. Bei Erwachsenen sind meist Selbstmordversuche ursächlich für Vergiftungen, die überwiegend mit einer Überdosis an Medikamenten getätigt werden, häufig in Kombination mit Alkohol. Auch Giftstoffe aus Pilzen, Pflanzen oder Beeren oder das Einatmen von giftigen Gasen über die Lunge bergen Gefahren. Je nach Art der toxisch wirkenden Substanz (Noxe) reagiert meist der Verdauungstrakt mit Symptomen wie Übelkeit, Erbrechen, Durchfall (Diarrhö) oder Koliken. Auch das Nervensystem kann mit Erregungszuständen beteiligt sein. Bei Vergiftungen werden die grundsätzlichen lebensrettenden Sofortmaßnahmen der Ersten Hilfe durchgeführt. Je nach Vergiftungsart und Situation können die einzelnen Maßnahmen variieren. Dies müssen Sie vor Ort entscheiden. Der Apotheker Dietmar Kramer erklärt Ihnen in der PTA-heute, welche Aspekte infrage kommen.
Gefahrenzone verlassen und an Eigenschutz denken
Bringen Sie den Betroffenen aus der Gefahrenzone. Achten Sie dabei auf Ihre eigene Sicherheit – diese hat Vorrang. Je nach Situation sollten Sie beispielsweise – wenn vorhanden – Schutzhandschuhe anziehen oder eine Beatmungshilfe nutzen. Ist die Lebensgefahr zu groß, rufen Sie die Feuerwehr, den Rettungsdienst oder die Polizei. Schätzen Sie ein, ob es notwendig ist, einen Notarzt (112) zu rufen. Fühlen Sie sich bis zum Eintreffen der professionellen Hilfskräfte mit der Situation überfordert, holen Sie sich bei Passanten oder Nachbarn Verstärkung.
Giftnotrufzentrale bietet professionelle Beratung
Fachgerechte Hilfestellung können die Giftinformationszentrum (GIZ) leisten. Die neun bundesweiten Zentralen sind rund um die Uhr besetzt und werden Ihnen in der Regel mehrere W-Fragen zur Vergiftung stellen. Anschließend erhalten Sie konkrete Anweisungen, was in Ihrem Fall zu tun ist. Die Experten der GIZ werden Ihnen auch mitteilen, ob und wie Sie die Aufnahme der Noxe stoppen oder den Wirkungseintritt verzögern können. Bei Vergiftungsunfällen gibt es Erste-Hilfe-Maßnahmen, die unwirksam oder gefährlich sein können, erklärt der Apotheker Kramer. Nutzen Sie das Beratungsangebot der GIZ und erkundigen Sie sich im Zweifelsfall, was Sie beachten sollten.
Vitalfunktionen durch Sofortmaßnahmen aufrechterhalten
Prüfen Sie das Bewusstsein sowie die Orientierungs- und Erinnerungsfähigkeit des Betroffenen: Sprechen Sie den Hilfebedürftigen an, fragen Sie nach seinem Namen, beruhigen und trösten Sie ihn. Außerdem sind die Lebensfunktionen zu kontrollieren und aufrechtzuerhalten, also Kreislauf (Blutdruck, Puls) und Körpertemperatur. Stellen Sie sicher, dass der Betroffene problemlos atmen kann. Bei einem bewusstlosen Menschen in Rückenlage besteht die Gefahr, dass Mageninhalt in die Luftröhre oder Lunge fließt und zur Erstickung führt. Mit einer stabilen Seitenlage können Sie dies verhindern. Versucht der Betroffene zu Erbrechen, unterstützen Sie ihn am besten. Erzwingen Sie jedoch kein Erbrechen. Blockiert eine Zahnprothese die Atemwege, entfernen Sie diese. Eine zurückgefallene Zunge kann ebenfalls das Atmen von Bewusstlosen behindern und sollte daher in die richtige Position gebracht werden. Bei Atemstillstand führen Sie sofort eine Wiederbelebung mittels Herzdruckmassage durch. Je nach Blutungsstärke offener Wunden, decken Sie diese mittels Verbandsmaterial oder Vergleichbarem ab. Bei sehr starkem Blutverlust lagern Sie das betroffene Körperteil über das Niveau des Herzens, damit der Druck nachlässt.
Vergiftungsursache verwahren
Für die Behandlung im Krankenhaus ist die Untersuchung der Vergiftungsursache wichtig. Stellen Sie deshalb das Erbrochene, Verpackungen der vermeintlich ursächlichen Medikamente, Putzmittel oder Sonstigem sicher.
Weitere Betreuung des Betroffenen
Eine Decke schützt den Körper vor Kälte und vermittelt das Gefühl von Geborgenheit. Kontrollieren Sie wiederholt Atmung und Bewusstsein. Stellen Sie sicher, dass Sie alle Hinweise der GIZ durchgeführt haben, soweit Ihnen dies möglich ist.
Quelle:
Dietmar Kramer: Vorsicht, giftig! Bei Vergiftungen richtig handeln. In: PTA-heute, Heft 8, April 2016, S. 72-75.